Presseinformation Klaus Tschira Stiftung verleiht KlarText-Preis 2022 an sieben Forschende
Klaus Tschira Stiftung verleiht KlarText-Preis für Wissenschaftskommunikation 2022 an sieben Forschende – Neue Infografik-Sparte
Heidelberg, 10. Oktober 2022. Die Klaus Tschira Stiftung zeichnet sieben Promovierte der Naturwissenschaften und Informatik für besonders gelungene Wissenschaftskommunikation aus. Sechs davon beschrieben ihre Doktorarbeit in allgemein verständlichen Artikeln, während der diesjährige Sonder-Preisträger sein Forschungsthema in einer Infografik veranschaulichte. Am 13. Oktober 2022 findet die hybride Preisverleihung in Mannheim statt, an der Interessierte per Livestream teilnehmen können.
Den KlarText-Sonderpreis für die beste Infografik schrieb die Klaus Tschira Stiftung anlässlich des 20. Jubiläums des Preises aus und verstetigt diese Sparte in Zukunft. „Infografiken können komplexe Informationen und Zusammenhänge sehr anschaulich vermitteln. Diese neue Sparte des KlarText-Preises soll Promovierte motivieren, ihre Forschung auch visuell zu kommunizieren,“ sagt Carsten Könneker, Geschäftsführer der Klaus Tschira Stiftung.
Die Preisträgerinnen und Preisträger des KlarText-Preises für Wissenschaftskommunikation 2022 sind Dr. Steffen Breinlinger (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) in Biologie, Dr. Ruth Rittinghaus (RWTH Aachen) sowie Dr. Simon Binder (TU Dresden) in Chemie, Dr. Tim Tröndle (ETH Zürich) in Geowissenschaften, Dr. Daniel Braun (TU München) in Informatik und Dr. Sophia Gruber (LMU München) in Physik. Den KlarText-Sonderpreis für die beste Infografik erhält Dr. Florian Friedrich (Universität Heidelberg). Angegeben sind die Universitäten, an denen sie promoviert wurden.
Alle sieben Auszeichnungen sind mit einem Preisgeld von je 7.500 Euro verbunden. In Mathematik und Neurowissenschaften fand die neunköpfige Jury dieses Jahr keinen Artikel preiswürdig.
Die sieben Forschenden haben sich in ihrer Promotion ganz unterschiedlichen Fragestellungen gewidmet. Das Themenspektrum reicht vom Katalysator bis hin zum Online-Verbraucherschutz. Während der Biologie-Preisträger zu einem neuartigen Gift forschte, das mit einer tödlichen Wildtierkrankheit in den USA in Zusammenhang steht, erarbeitete jener in den Geowissenschaften, wie soziale Konflikte im Zusammenhang der Energiewende vermindert werden können. Die Physik-Preisträgerin verwendete eine magnetische Pinzette, um die Kraft zu bestimmen, mit der Corona-Viren an menschlichen Zellen andocken. Wie medizinische Sensoren mit Hilfe von Hydrogelen zum Beispiel den Blutzuckerspiegel präziser messen, beschäftigte den Chemie-Preisträger – und die Infografik zeigt, wie ein Physiker eine neue Technik entwickelte, um mit präziseren Tumor-Bestrahlungen die Nebenwirkungen von Krebstherapien zu minimieren. Die Kurz-Zusammenfassungen aller Themen sowie die Lebensläufe finden Sie hier als PDF im Überblick oder unter dieser Medieninfo.
Die Preisverleihung wird in diesem Jahr per Livestream aus dem Mannheimer Jazzclub Ella&Louis übertragen und bietet mit filmischen Porträts und Live-Musik einen feierlichen Rahmen. Zum Auftakt spricht die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger mit einem KlarText-Preisträger und einer -Preisträgerin über gegenwärtige wie zukünftige Bedingungen für Promovierende in Deutschland.
Zum Livestream unter: https://klartext-preis.de/preis/ktp22-livestream/
Die prämierten Texte der Preisträgerinnen und Preisträger erscheinen im KlarText-Magazin, das Sie ab dem 13. Oktober 2022, 10 Uhr, als gedrucktes Exemplar über unsere Website bestellen oder direkt dort als blätterbares PDF lesen und herunterladen können. Filmische Portraits und Bilder der Preisträgerinnen und Preisträger stehen dort ebenfalls ab dem 13. Oktober 2022, 19.30 Uhr, bereit.
Die Preisträgerinnen und Preisträger 2022 – Porträts und Themen
Biologie: Steffen Breinlinger – „Wer hat die Adler auf dem Gewissen?“
Steffen Breinlinger, geboren 1986 in Tuttlingen, studierte Pharmazie an der Universität Freiburg. Seine Promotion mit dem Titel „Investigations into bioactive natural products from cyanobacteria — a search for drug leads and the discovery of a novel cyanotoxin“ führten ihn an die Universitäten Tübingen und Halle-Wittenberg. Die instrumentelle Analytik und Erforschung von neuen (Natur-) Stoffen stellen weiterhin eine Konstante in seinem Leben dar: Seit Ende seiner Elternzeit leitet er ein junges Forschungs- und Entwicklungs-Labor im spanischen Katalonien.
In seinem Beitrag „Wer hat die Adler auf dem Gewissen?“ beschreibt Steffen Breinlinger die Entdeckung eines neuen Cyanobakterien-Giftes, welches für eine tödliche Wildtier-Krankheit im Südosten der USA verantwortlich ist. Fast 30 Jahre lang waren Wissenschaftler auf der Suche nach dem Auslöser der sogenannten vakuolären Myelinopathie, deren prominentestes Opfer der Weißkopfseeadler ist. Zusammen mit einem Team aus internationalen Wissenschaftlern, gelang es Steffen Breinlinger die Struktur des Giftes, sowie die Umweltbedingungen zu identifizieren, welche dessen Produktion und Ausbreitung ermöglichen. Alle Indizien deuten darauf hin, dass der Mensch bzw. unsere Gesellschaft eine eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Prävalenz des Adlermörders spielen.
Chemie: Ruth D. Rittinghaus – „Die unsichtbare Gefahr“
Ruth D. Rittinghaus wurde 1991 in Kempen am Niederrhein geboren. Nach einem freiwilligen sozialen Jahr in Kenia studierte sie Chemie an der RWTH Aachen und absolvierte Praktika an außeruniversitären Forschungseinrichtungen, in der chemischen Industrie sowie der Unternehmensberatung. In ihrer Promotion widmete sie sich dem Themengebiet der Herstellung von Biokunststoffen mit biokompatiblen Katalysatoren und kooperierte mit der Tel Aviv University. Im Anschluss an ihre Promotion 2021 arbeitete sie zuerst weiter als Postdoc und wechselte dann in die chemische Industrie.
In ihrem Beitrag „Die unsichtbare Gefahr“ beschreibt Ruth D. Rittinghaus ihre Forschung an neuen Katalysatoren für die Herstellung von Biokunststoffen mit variablen Eigenschaften als Ersatz für traditionelle Kunststoffe, die erdölbasiert und nicht biologisch abbaubar sind. Ein Katalysator sticht besonders hervor: Er produziert schneller als der aktuell verwendete, aber giftige Schwermetallkatalysator und zeigt gleichzeitig eine hohe Flexibilität. Er kann sowohl verschiedene Klassen von Ausgangstoffen verwenden als auch unterschiedliche Anordnungen erzeugen. Durch diese Vielseitigkeit besitzt der Katalysator ein großes Potential die Herstellung von Biokunststoffen mit maßgeschneiderten Eigenschaften zukünftig zu mitzugestalten.
Chemie: Simon Binder – „Vorbild Gummibär“
Simon Binder, 1988 in Wien geboren, zog für sein Studium der Elektrotechnik und der Informationstechnik nach Darmstadt und Dresden. An der TU Dresden widmete er sich einer Promotion zum Thema „Kraftkompensierte chemische Sensoren auf der Basis bi-sensitiver Hydrogele“. Auch nach seinem Abschluss bleibt Simon Binder der Sensortechnik treu und forscht mittlerweile als Postdoc an der University of Utah im Bereich biomedizinischer Sensoren.
In seinem Beitrag „Vorbild Gummibär“ beschreibt Simon Binder, wie stimulus-responsive Hydrogele in Sensoren verwendet werden können, um verschiedene Größen, wie z.B. Salzkonzentration, pHWert oder Blutzuckerspiegel, zu messen. Er entwickelte eine Messmethode beruhend auf bisensitiven Hydrogelen, mit der das Ansprechverhalten und weitere wichtige Eigenschaften dieser Art von Sensoren deutlich verbessert werden kann. Das patentierte Sensorprinzip soll hydrogelbasierte Sensoren der Anwendung im industriellen und medizinischen Bereich einen großen Schritt näherbringen.
Informatik: Daniel Braun – „Die größte Lüge im Internet“
Daniel Braun, Jahrgang 1992, stammt aus Saarbrücken. Er absolvierte seinen Bachelor in Informatik an der Universität des Saarlandes und seinen Master in Computing Science an der University of Aberdeen. Im Anschluss an seine Studienzeit promovierte er an der Technischen Universität München zum Thema „Automated Semantic Analysis, Legal Assessment, and Summarization of Standard Form Contracts“. Inzwischen forscht und lehrt er als Assistant Professor an der Universität Twente in den Niederlanden.
In seinem Beitrag „Die größte Lüge im Internet“ beschreibt Daniel Braun wie künstliche Intelligenz dazu genutzt werden kann, um das Onlineshopping ein Stück weit sicherer zu machen, indem ungültige Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen automatisch erkannt werden können. In Zusammenarbeit mit Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützern wurden hierfür maschinelle Lernverfahren trainiert, die nun in der Lage sind, solche Klausen mit einer hohen Genauigkeit zu erkennen. Die so entwickelten Verfahren können nicht nur einen Beitrag dazu leisten den Verbraucherschutz im Internet zu stärken, sondern haben auch spannende Erkenntnisse darüber geliefert welche Arten von verbraucherfeindlichen Regelungen besonders häufig vorkommen.
Physik: Sophia Gruber – „Den Kräften des Niesens trotzen“
Sophia Gruber wurde 1995 in Erlangen geboren. Für ihr Physikstudium zog sie nach München, wo sie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) ihren Bachelor und Masterabschluss erwarb. Ihre Masterarbeit fertigte sie während eines einjährigen Forschungsaufenthalts an der Universität Cambridge an. Für ihre Promotion über Kraftstabilität von Proteinen kehrte sie an die LMU zurück und führt ihre Forschung dort nach Abschluss ihrer Promotion als Postdoktorandin fort.
In ihrem Beitrag „Den Kräften des Niesens trotzen“ erläutert Sophia Gruber, wie sie die Stabilität der Bindung von Coronaviren an menschliche Zellen untersucht. Magnetische Pinzetten und eine eigens entwickelte Messmethode ermöglichten es ihr, Unterschiede zwischen SARS-CoV, SARS-CoV-2 und weiteren Virusvarianten festzustellen. Mit ihrer Forschung hat sieeinen Beitrag zum Verständnis des Coronavirus und den Eigenschaften der Virusvarianten geleistet.
Geowissenschaften: Tim Tröndle – „Alle wollen. Irgendwie.“
Tim Tröndle, geboren 1984 in Freiburg im Breisgau, beschäftigt sich seit seinem Studium der Technischen Kybernetik an der Universität Stuttgart mit der Energiewende. Er erforschte sie an den Universitäten in Leipzig und Cambridge und entwickelte als Teil eines Teams eines Berliner Energieunternehmens Lösungen für ihre konkrete Umsetzung. Seine Doktorarbeit “Renewable electricity for all: Untangling conflicts about where to build Europe’s future supply infrastructure” entstand an der ETH Zürich und dem Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung in Potsdam.
In seinem Text „Alle wollen. Irgendwie.” zeigt Tim Tröndle wie räumliche Verteilungsfragen der Energiewende zu Konflikten in Europa führen können. Unterschiedliche Interessen, wie Selbstversorgung und Einfluss auf das Landschaftsbild, widersprechen sich in ihren Antworten auf diese Frage. Der Text zeigt Möglichkeiten, diese Konflikte zu schmälern und dass die Energiewende Aspekte der unterschiedlichen Interessen vereinen kann.
Infografik: Florian Friedrich – „Gezielte Schüsse gegen Krebs“
Florian Friedrich kam 1992 in Gießen zur Welt. Sein Physikstudium absolvierte er an der Universität
Heidelberg sowie der San Francisco State University. In seiner Promotion zum Thema „Schnelle MRBildgebung und Tumortracking für die MR-geführte Strahlentherapie“ forschte er am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Nach der Promotion widmet er sich beruflich seinen beiden
großen Interessengebieten der Medizintechnik und der Energiewende.
In seiner Infografik „Gezielte Schüsse gegen Krebs“ visualisiert Florian Friedrich wie er die verschiedenen Arbeitsschritte zur Bildgebung bei einem besonderen MRT-Scanner optimieren konnte. Dieser Scanner erzeugt MRT-Videos, die zur präzisen Bestrahlung von Tumoren verwendet werden. Mit der neuen Technik werden Qualität und Geschwindigkeit dieser Videos gesteigert, sodass die Bestrahlung zukünftig noch genauer und sicherer werden kann