redende Tomaten-Illustration
©Dirk Schmidt, wasmachtdirk.de

Luuustig!

Über schwatzhafte Tomaten und die Grenzen Künstlicher Intelligenz

von J. Schüring

„Da haben die doch letztens rausgekriegt, dass Tomaten mithilfe von Ultra­schall­signalen kommunizieren. Schreib doch darüber was Lustiges.“ Gegen die Vorschläge der Klaus Tschira Stiftung kann man nichts sagen. Die wissen, was sie wollen.

Hier, auf dieser letzten Seite des Magazins, liebe Leserin, lieber Leser, soll nämlich was Lustiges stehen, was Heiteres nach all der schweren Wissenschaft. Und ich soll das schreiben. „Ja sicher, tolle Idee, läuft!“, lüge ich voreilig. Und bekomme Puls. Tage hilflosen Prokrastinierens folgen. Und dann auch noch diese Nachfrage aus Heidelberg: „Na, schon eine Idee zur Tomaten­geschichte?“ Ab jetzt verfolgt mich das Gemüse bis in den Schlaf – von dunklen Gedanken aufgeschreckt, schwitzend daliegend, in der Dunkelheit die Sekunden zwischen dem Blinken des Rauchmelders an der Decke zählend. Dann, erschöpft, die erlösende Idee: Ich werde mogeln.

Abends, wenn die Sonne untergeht und der Garten in sanftes Mondlicht getaucht wird, beginnt die eigentliche Party. Die Tomaten stimmen ein fröhliches Lied an, das sie mithilfe ihres ultra­schall­basierten Kommunikations­systems erzeugen können. Es ist ein klang­volles Konzert, das selbst die Sterne zum Tanzen bringt. Die Gurken, die in der Nähe wachsen, sind völlig verwirrt.

Hmmm. „Schreibe eine lustige Geschichte über Tomaten, die bei Trocken­heit Ultra­schall­signale aussenden“ – damit hatte ich ChatGPT beauftragt. Aber was der künstlich intelligente Chatbot da liefert, wird sie nicht erfreuen, die Leute von der Stiftung. Je mehr ich probiere, über Tomaten­hausen wurde weltweit als das Mekka der tomatischen Technologie gefeiert oder Eine besonders kecke Tomate namens Tom-Tom ließ ihre Stimme in hohen Frequenzen schrillen und gab vor, eine Sirene zu sein. Die anderen Tomaten suchten hektisch nach der vermeintlichen Gefahr. Als sie Tom-Tom entdeckten, lachten sie herzhaft und bewunderten ihren einfalls­reichen Streich geht das Ganze nicht heraus. Nicht lustig. Nicht intelligent. Furchtbar.

Okay, dann vielleicht ein lustiges Gedicht: In Tomatengärten, still und fern / verklingt ein Klang, den kaum wir hör’n / Ultraschall fließt durch grünes Blatt / der geheime Dialog, den keiner hat. Gute Güte, reim dich oder lass es. Oder ein Haiku? Groß über die halbe Seite gedruckt, mit einer schönen Illustration dazu? Ultraschall flüstert / Tomaten teilen Geheimnisse / Stille Worte wachsen. Auch nicht. 🥴🤢🤮

KI, wo bist du, wenn man dich braucht?

Wieder nächtliches Zähneknirschen – bis der Rauchmelder in den Halb­schlaf morst: Sei ehrlich! Sag denen in Heidelberg, was ist. Nämlich wie ein Team um Lilach Hadany von der Tel Aviv University herausfand, dass Tomaten­pflanzen bei Trockenheit Ultra­schall­töne erzeugen. Dass diese uns, könnten wir sie hören, an Popcorn­knallen erinnerten. Dass da wohl im Wasser­leit­system der Pflanzen Luftblasen implodieren – was sich Kavitation nennt. Und dass das Ganze im intelligenten, aber nicht lustigen Fachblatt „Cell“ steht. Sag denen einfach: Tomaten können gar nicht reden.

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